In der Ambulanz – der erste Kontakt!

In der Ambulanz!Es könnte alles so einfach sein…

Ich möchte Euch jetzt einfach eine kleine, vielleicht sogar reale, Geschichte erzählen. Einfach so, aus einem gewissen Bedürfnis heraus.

Die Vorgeschichte

Meine Frau hat am Donnerstag vor 9 Tagen morgens das Haus verlassen, um ein paar Kleinigkeiten einzukaufen. Kurze Zeit später klingelt mein Handy. Kennt Ihr das, wenn in diesem Moment schon irgendwie alle Alarmlampen aufleuchten? Ja? Eigentlich ist es hier nicht so ungewöhnlich, wir telefonieren auch gelegentlich. Irgendwie habe ich aber gewusst, dass da jetzt nix Gutes kommt.

Jedenfalls war der Satz: „Ich bin auf der Treppe gefallen und kann nicht laufen, kannst Du mich abholen?„, nicht das, was man hören möchte. Ich lasse also alles stehen und liegen, springe ins Auto und los.

Was ein Anblick bei der Ankunft. Auf der Treppe vor dem Geschäft sitzt ein Haufen Elend der Ehefrau, betüttelt von der Ladeninhaberin. Also Auto abstellen, Frau einsammeln und ab zum Arzt. Eigentlich schauen wir uns solche Blessuren immer erst in Ruhe an, meistens reichen ja ein bisschen Ruhe und Salbe aus, um wieder alles ins rechte Lot zu bringen. Diesmal ist aber klar, da muss ein Arzt dran! Was in den paar Minuten so anschwillt, kann vielleicht auch explodieren!

Lasset die Doktorspiele beginnen!

Beim Hausarzt wird schnell ersichtlich, hier muss unter die Haut geschaut werden. Während die Überweisung für das Krankenhaus aus dem Drucker flattert, die große Überlegung, wohin geht’s?

Die Frau hat echt dicke Schmerzen, dass Hospital des geringsten Misstrauens ist weiter weg. Näher dran ist das, mit dem schlechten Ruf, es soll aber eben auch schnell Hilfe her. Wir entscheiden uns trotz Bedenken zu Option zwei. Erfahrungsgemäß ist ein übler Ruf nicht immer gerechtfertigt, man kann ja auch Glück haben. Hier war noch niemand von uns, vielleicht gewinnen wir ja einen völlig anderen Eindruck.

Gut 30 Minuten später beginnt der Kampf mit der Ankunft. Habt Ihr schon versucht, einen direkten Weg, der lange Fußstrecken vermeidet, einen kurzen Weg zur Ambulanz oder wenigstens an die Anmeldung zu finden? Tja, wenn man nicht gerade im Krankenwagen kommt, ist das wohl auch scheißegal. Wer noch aufrecht stehen kann, muss eben schauen, wie er klarkommt.

Unter Ignorieren mancher Vorgaben und mit einigen Listen, Tücken und fadenscheinigen Ausreden schaffe ich es, meine Angetraute wenigstens so abzustellen, dass der Eingang in Sichtweite liegt. Eben noch Auto halbwegs abschleppgeschützt abstellen und rein in das Haus der Heilung. Der Idee nach zumindest… Weil: CORONA! Eine Schlange am Eingang, Abstandslinien und wartende Menschen. Eine Chance, irgendwie irgendwen um Hilfe, einen (Roll-)Stuhl oder sonst was zu bitten? Vergiss es!

Ich stütze und halte meine Dame so gut es geht. Irgendwann sind wir an der Schießscharte, die dem Ankömmling den Kontakt zu medizinischem Personal ermöglicht. Schleppend und hüpfend also ran an den Schalter, das Anliegen vorbringen und zu hören bekommen: „Da links die Treppe hoch, geht es zur Notaufnahme, SIE (also ich), müssen wieder raus!:shock:

Meine Frau guckt auf ihren Fuß, ich gucke auf ihren Fuß, wir beide gucken auf die Dame am Schalter, die ja in Seelenruhe zugesehen hat, wie wir beide uns zu ihr hin quälen. Auf die Frage, wie das denn wohl möglich gemacht werden könnte, darf ich gnädig die heiligen Hallen mit betreten, der nächste bitte! Nicht ganz so leise, nicht mehr ganz so freundlich, kann ich mir die etwas lautere Frage nach einem Aufzug nicht verkneifen. „Na, da hinten lang„, ist die umfassende Auskunft, die uns unter Mühen zuteil wird.

Ich lehne also mein Eheweib an einen Pfeiler und schaue mich schnell um, wo denn so ein Fahrstuhl zu finden ist. OK, so schwer ist es dann doch nicht, wir betreten das Gerät. Ne, betreten ist das falsche Wort, ich schleppe meine Frau da praktisch rein.

Natürlich besteht die Option jetzt großen Alarm zu schlagen und dafür zu sorgen, dass uns irgendwer diese Quälerei erleichtert, aber wisst Ihr was? Da denkt man in dem Moment gar nicht dran. Ich habe nur so Worte der Ärzte wie „… könnte innen bluten …“ und das Jammern meiner Frau im Kopf, die ich in knapp 29 Ehejahren, höchstens bei vier oder fünf Gelegenheiten habe jammern hören. Schnell soll es einfach gehen, einfach nur schnell!

Wir betreten die Anmeldung der Ambulanz. Der Schalter ist leer, eine sofortige Vorsprache scheint möglich. Scheint! Unter Vermeidung jeden Augenkontaktes (und der Übermittlung der Kenntnisnahme der Anwesenheit eines Patienten), ordnet die zuständige Ansprechpartnerin erst ihre Dinge.

Nachdem wir mit geduldigem warten unsere Demut bewiesen haben, trifft uns ein wortloser Blick von unten. Meine Frau beginnt den Satz: „Ich bin gefallen und wir wurden vom Hausarzt …„, weiter kommt sie nicht. Die Worte: „Überweisung und Versichertenkarte, Karte da in das Lesegerät!„, stoppen jede weitere Kommunikation. Also jedenfalls die Kommunikation, welche die Mitarbeiterin da nicht persönlich angeregt genehmigt hat.  Wow, ist DIE effizient!

Die Ansage, dass es mindestens 1,5 Stunden dauert, ich wieder rausmuss und meine Frau sich da irgendwo hinsetzen soll, erfolgt ich einem einzigen Satz. Vielleicht hätte ich mit „Ja, Ma’m, sofort M’am, selbstverständlich M’am!“ antworten und strammstehen sollen, ich entschuldige mich innerlich immer noch für mein Versagen.

Tja, was soll ich machen? Ich verständige mich mit der Ehefrau, dass hier jetzt eh nichts weiter für mich zu erledigen ist und sie sich meldet, wenn es was Neues gibt. Zum Glück arbeitet meine Tochter in der Nähe, so kann ich sie gleich informieren und die Wartezeit eventuell dort verbringen, nach Hause fahren möchte ich jetzt nicht.

Hin und wieder bekomme ich, per Telegram-Messenger, von meiner Frau den aktuellen Status. Sie ist bereits von einem Assistenzarzt untersucht und geröntgt worden und sitzt wieder vor dem Untersuchungszimmer, weil dieses besetzt ist. Der Assistenzarzt war aufgrund von Maske und auch Akzent sehr schwer zu verstehen, auf Fragen gibt es schlicht keine Antwort, eigentlich überhaupt keine Informationen zu dem, was gerade geschieht. Im Moment sind eigentlich alle Erkenntnisse lediglich die eigenen Erfahrungen aus der Vergangenheit, weil man ja nun weiß, was untersuchen und röntgen so mit sich bringen. Einzig sicher ist, dass der Oberarzt sich die Aufnahmen anschauen muss, dieser aber gerade im OP unabkömmlich ist.

Mittlerweile sitze ich seit rund 2 Stunden bei meiner Tochter auf, ne, bei der Arbeit. Eher so nebendran, durch die Abstandsgebote verbringe ich die meiste Zeit mit Kaffee im Auto. Damit verbunden entsteht ein gewisser Bedarf an WC-Besuchen, also mal so, dann wieder so. Der Chef meines Nachwuchses hat die Situation erkannt und lässt sie früher Feierabend machen – ein Lob für ihn!

Neue Nachricht von der Frau! Der eher schweigsame Arzt ist wieder kurz im Zimmer und sieht sich die Röntgenaufnahmen an. Sie hat einen Blick auf die Bilder erhaschen können und, eher durch einen Pfleger erläutert, ist nun klar, dass der Wurzelknochen des Fersenbeins (an?)gebrochen ist. Weitere Infos sollen folgen, der Assistenzarzt muss erst mit dem Oberarzt sprechen und der ist ja irgendwie im OP. Wieder warten auf das, was nun kommen mag. Irgendwie schweben die Worte Operation, Vakuumschuh und Schiene im Raum.

Ich packe also nach rund 2,5 Stunden meine Tochter bei ihrer Arbeitsstelle ins Auto und trete den Rückweg ins Krankenhaus an, irgendwas wird sich ja nun irgendwann ergeben müssen.

Die letzte Meldung der Frau besagt, dass der Pfleger einiges für sie ausgedruckt hat, der Arzt aber noch auf den Oberarzt wartet. Auf den Oberarzt, der im OP sein muss. Einige Minuten später kommt ein Update von Ihr, dass sie gerade den Vakuumschuh angepasst und auch Krücken ausgehändigt bekommt, immerhin ein gutes Zeichen dafür, dass nicht aufgeschnitten werden muss.

Tochter und ich sind nun wieder auf dem Klinikparkplatz. Wir haben uns für den Kurzzeitbereich entschieden. Hier werden zwar für jede halbe Stunde Parkzeit 1,50 € fällig, aber wenigstens sind wir in Sichtweite zum Eingang. Sollte unser Patient herauskommen, ist der Weg wenigstens nicht mehr so weit und wir gehen ja von einer zeitnahen Entlassung aus, wozu sonst Schuh und Krücken?

Abfahrt

Wir stehen und warten, warten und stehen. Eher zufällig schaue ich in Richtung Eingang und bin für einen kurzen Moment der Meinung, einen irgendwie vertrauten Anblick zu erhaschen. Wir beschließen eine Runde in Richtung Tür zu gehen, vielleicht tut sich was und staunen nicht schlecht – da sitzt unsere gepeinigte Ehefrau und Mutter auf der einzigen Bank, die ich vom Wagen aus nicht sehen kann. Mit Krücken auf dem Schoß, einem seltsamen Schuh am rechten Fuß und einem Karton neben sich, der schon als kleiner Koffer durchgeht. „Fertig?„, frage ich, „Der Pfleger hat mich herausgeführt bis hier und tragen geholfen, sieht so aus!„, sagt sie.

OK, jetzt einfach nach Hause, die Gedanken ordnen und auf eine halbwegs rasche Heilung hoffen, Hauptsache fertig. Dachten wir wenigstens…

 

 

9 Gedanken zu „In der Ambulanz – der erste Kontakt!

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