So etwas geht aber gar nicht!
Ihr kennt bestimmt so Situationen, in denen Euch klar ist, dass man nun eigentlich etwas unternehmen muss.
Na, okay, sagen wir mal, unternehmen sollte.
Warum man es nicht macht?
Na, weil man nicht zu Hause ist und schon gar nicht, das Sagen hat.
Ich nehme als Beispiel mal Klopapier.
Du kommst bei einer befreundeten Familie in die blöde Situation, eine Angelegenheit im WC erledigen zu müssen. Alleine die Frage, ist ja schon immer etwas reichlich peinlich, gell?
„Kann ich mal Eure Toilette benutzen?„, ist doch wohl einer der letzten Sätze, die man in fremder Umgebung sagen will. Als Antwort kommt dann meistens so etwas wie: „Ja, klar, da hinten links…“.
An dieser Stelle ist aber schon etwas passiert, eine Entwicklung beginnt. Wenn man den Menschen, dessen Keramik man da hemmungslos füllen will, sehr gut kennen würde, wäre doch ohnehin klar, wo das Klo ist und könnte einfach hingehen.
Da aber noch der Weg erklärt wird, handelt es sich um einen Erstkontakt, um einen Menschen, in dessen Festung, man noch nie war, zumindest nicht auf dem „Pott“.
Was nur eines bedeuten kann: Misstrauen! Auf der einen Seite durch die Frage, „Was finde ich da vor?„, auf der anderen durch ein unausgesprochenes „Benimm Dich da ordentlich!“
Man betritt also das Klo, welche Alternative würde es auch geben?
Natürlich ist das so eine Kackzelle ohne Fenster, dementsprechend findet sich kein Licht. Wo ist denn nur der Schalter? Sucht man draußen, ist er innen und umgekehrt. Wieder wertvolle Sekunden verschenkt, ehe der Verlauf der Peinlichkeiten, beginnen kann.
Kulturschock
Während man nun seine Textilien an die richtigen Stellen verschiebt, kann die erste Begutachtung starten. „Schau mal an, ein Tiefspüler„, kann man vielleicht denken, „hoffentlich plotscht das nicht„, wäre dann die Schlussfolgerung, die das Gehirn liefert.
Dann aber entdeckt man die Unverfrorenheit, diesen Beweis, dass die Zivilisation hier noch nicht angekommen ist: Die Klopapierrolle hängt verkehrt herum!
Man kann ja nun vieles durchgehen lassen, das aber, ist schon ein starkes Stück! Das gibt einen Eintrag auf der Negativliste! Jetzt ist es natürlich angebracht, diesem Raum gründlicher zu betrachten, immerhin besteht ein Anfangsverdacht auf Traditionsverleugnung. Wo so ein Schiefstand der Kultur existiert, ist doch der nächste nicht weit!
OK, erst mal das beenden, was der Grund für den Aufenthalt hier ist. Also Kleidung wieder auf null stellen, spülen und: Schock Grünes Spülwasser! GRÜN! Weiß denn hier niemand, dass Blau eine absolute Vorgabe ist? Ne, also, hier gehe ich nie wieder hin!
Nun, vielleicht ist es aber besser, erst mal gar nichts zu sagen, obwohl das natürlich nötig wäre. Unter Umständen ist Diplomatie das Mittel der Wahl und im Notfall, wären der Hausherr oder die Hausherrin, vielleicht sogar gewaltbereit!? Immerhin ist ja auch die Rückkehr ein spannender Moment. Das Misstrauen von vorhin, an das sollte man denken.
Wie soll man aber die Ruhe bewahren, wenn doch schon auf dem Rückweg, beim Durchqueren der Küche, der nächste Frevel wartet? Da steht ein Topf voll Wasser ohne Deckel, auf dem Herd. Das ist Energieverschwendung und unhygienisch, so macht man das nicht! OK, vielleicht kommt da ein Deckel drauf, wenn der Topf benutzt wird, aber trotzdem. Wenn da jetzt kein Deckel liegt, kommt der auch später nicht zum Einsatz, ist doch klar. Ha, wahrscheinlich haben die nicht mal einen Deckel, kennt man ja.
Jetzt kommt der spannende Moment, die erste Begegnung mit dem Gastgeber, nach dem Klogang. Jeder weiß, was in der Zwischenzeit geschehen ist, niemand wird aber je darüber sprechen. Wird man sich jemals wieder mit Respekt, in die Augen sehen können? Dort der Verdacht, auf der Toilette könnte sich Schlimmes ereignet haben, hier die Gewissheit, dass kulturelle Grundlagen nicht beachtet werden.
Ein kurzer Blick, ein stilles Einvernehmen. Tonlos wird beschlossen, zu schweigen. Von beiden Seiten. Als ob nichts geschehen wäre, nimmt man also seinen Platz auf dem Sofa wieder ein, jetzt natürlich etwas argwöhnischer, immerhin ist ja klar, dass hier große Lücken in der Wohnkultur vorhanden sind. Wie da, der DVD-Player. Erstens kauft man doch nichts von diesem Hersteller und überhaupt: DVD! Man, Baby, wir schreiben das Jahr 2020 und die nutzen hier immer noch einen DVD-Player. Wahrscheinlich haben die bis gestern noch ein Daumenkino benutzt.
Absolution
Plötzlich kommt die Frage: „Willst Du auch Kaffee und ein Stück Käsekuchen, wir können ja ’nen Film dabei gucken?“ Das ist natürlich ein Umstand, den man vorher hätte mitteilen können, scheiß auf das Klopapier!
Zivilisation und soziale Kontakte eben