9-Euro-Ticket: Nur 660 Kilometer! (I.)

9-euro-du-hbf-desasterkreis.deFahre doch mit Bus & Bahn, nie war es günstiger

(Das ist ein mehrteiliger Artikel! Hier geht es zu Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4  und einem abschließenden Kommentar ;-) )

Ein kleiner Bericht von einer kurzentschlossen durchgeführten Tour von Fürth im Odenwald nach Voerde am Niederrhein. 330 Kilometer hin und auch später wieder zurück, da kann man schon Eindrücke sammeln.

Ein Vorwort, weil ich denke, dass es sinnvoll ist:

Dieser Bericht wird mehrteilig. Ich weiß, dass kaum jemand lange Texte wirklich liest. Oft merke ich das, weil Fragen oder Kritik an mich herangetragen werden, denen man entnehmen kann, dass höchstens 50 % vom Text gelesen wurden ;-)

Zusätzlich wäre es auch für mich zu viel, alles in einen einzigen Artikel zu pressen, weil einzelne Erlebnisse wirklich (meiner Meinung nach) einen eigenen Eintrag Wert sind. Vielleicht nur für mich, aber vielleicht eben auch nicht.

Kein Bashing!

Was mir aber am wichtigsten ist:

Das hier soll kein Niedermachen der DB, der Mitarbeiter oder von sonst wem sein, ich schreibe einfach das auf, was ich aus meiner Sicht erlebt habe und äußere meine Meinung dazu. Diese kann man teilen, muss man aber nicht.

Final kann ich aber jetzt schon sagen, dass ich diese Fahrt durchaus wiederholen würde. Mit dem Wissen von jetzt sogar deutlich entspannter.

Ich habe diese Fahrt(en) übrigens nicht speziell wegen des 9-Euro-Tickets durchgeführt, sie war ohnehin geplant. Aber wenn ich die Chance habe, für 2 x 9 Euro mit meiner Frau eine ohnehin notwendige Reise zu unternehmen, dann mache ich das. Im Schnitt haben wir für die Zugfahrt dabei 300 Euro gespart, da rechne ich nicht mehr lange und das Auto sollte einfach dieses Mal nicht das Verkehrsmittel der Wahl sein.

Zum 9-Euro–Ticket werde ich aber wohl doch zusätzlich noch einen eigenen Beitrag schreiben, weil da viele Menschen ein Statement zu abgeben, die gar nicht wissen, wovon sie reden und brav das nachquasseln, was Medien, Arbeitskollegen und der Nachbar des Neffen vom Onkel in ihrer Weisheit festgestellt haben.

Warum ausgerechnet diese Ziele?

Ich bin in Duisburg-Hamborn geboren, in Voerde am Niederrhein aufgewachsen und habe bis 2013 in Duisburg-Walsum gelebt, bis wir (ich, meine Frau und mein 3-köpfiger, mittlerweile erwachsener Nachwuchs) berufsbedingt nach Fürth im Odenwald gezogen sind. Meine beiden Mädels habe diese Tour bereits leicht abweichend schon vor einigen Wochen unternommen, für mich wurd’s nun einfach auch Zeit.

Meine Familie dort im Revier und auch sehr viele andere Menschen aus meinem Leben habe ich seit 9 Jahren nicht mehr gesehen, weil es irgendwie die Zeit nicht zugelassen hat. Obdach finde ich bei meinem Vater in Voerde, was die Sache natürlich ungemein entlastet.

Das sind also grob umrissen meine Motive, eine Stippvisite in die alte Heimat zu wagen.

Fürth, es geht losFürth, es geht los

Freitag, 12. August 2022, irgendwann gegen 9 Uhr am Morgen.

Wir starten zu Fuß, bepackt mit 2 Trolleys und 2 Rucksäcken Richtung Fürth Bahnhof. Kein Weg in entferntere Ziele führt hier an Weinheim oder Heppenheim vorbei, von dort aus kann man die Welt erreichen :mrgreen:

Mit dem 667’er Bus nach Heppenheim oder doch lieber nach Weinheim? Weinheim wäre normalerweise auch schon eine Zugfahrt, jedoch herrscht Schienenersatzverkehr, weil schlicht zu viele Lokführer erkrankt sind. Das an sich finde ich schon bemerkenswert, aber nun gut, ist halt so.

9-euro-weinheimWeinheim

Wir nehmen das, was als Erstes kommt, in dem Fall der Ersatzbus für die Schiene um 9:52 Uhr nach Weinheim. Dort nahezu nahtlos (10:35 aus dem Bus, 10:39 Abfahrt Zug) in den RE 60 nach Frankfurt.

Das hat absolut kritiklos funktioniert.

Sehr erfreulich, weil die Sonne die Welt hier schon auf über 30 °C erwärmt hat und jede Minute in der Sonne einen eher animieren möchte, gleich wieder den Heimweg anzutreten.

OK, es ist 11:26 Uhr, wir sind stressfrei in Frankfurt angekommen.

9-euro-frankfurtFrankfurt Hbf, 11:53 Uhr geht’s weiter

Ein paar Minuten Zeit haben wir in Frankfurt, um das passende Gleis für unseren VIA RB 10 zu suchen.

Ein kurzer Blick auf die DB-App, um zu checken, ob wir noch mit aktuellen Informationen versorgt sind; alles ist im grünen Bereich.

Da wir etwas unsicher sind, ob wir wirklich alles einfach so mit dem 9-Euro-Ticket nutzen können, schnappt sich meine Frau einfach einen Schaffner, der da an unserem bereits eingefahrenen Zug seinem Job nachgeht, was sich als ziemlich gute Idee herausstellt.

Es ist zwar richtig, dass wir mit unserem Ticket hinein können, doch gibt er ihr den nicht unwichtigen Hinweis, dass der Zug in Wiesbaden geteilt wird, wir wären glatt in dem Teil gelandet, der uns garantiert NICHT zu nächsten Etappe Koblenz gebracht hätte.

Allerdings wird das weder in der App noch an irgendeiner anderen Stelle erwähnt, was ich, sorry, scheiße finde. Ok, vielleicht steht es irgendwo, aber wenn ich es nicht gefunden habe, dann bestimmt auch manch ein anderer Reisender nicht …

9-euro-frankfurt-menschenVoller wird’s

Wie man gut erkennen kann, herrscht in Frankfurt schon einiges an Betrieb, ich habe so langsam eine Ahnung, was da in den nächsten Stunden noch auf uns zukommt, weil wir die typischen Pendlerzeiten bisher ja noch etwas umgehen konnten.

Bei der Trennung in Wiesbaden müssen natürlich alle Leute den nicht weitergeführten Zugteil verlassen und irgendwie in die Wagen gelangen, mit denen es weiter Richtung Koblenz geht, dem nächsten Umsteigebahnhof, auch für uns. Wie gut es wohl gewesen wäre, wenn die Fahrgäste das vorher gewusst hätten?

Zum Glück haben wir uns in Frankfurt noch Sitzplätze sichern können, der Zug wird mit jedem Stopp voller, einfach extrem voll, proppevoll. Die Gepäckablagen sind zu klein, selbst unsere einfachen Trolleys passen nicht hinein, auch mein Kamerarucksack hat kaum eine Chance, aber den würde ich da ohnehin nicht aus den Augen lassen.

Es ist erträglich, aber mit dem kompletten Gepäck unter, auf und zwischen den Beinen ist’s eher unbequem, teilweise irgendwie sogar schmerzhaft. Ich leide gerade ein wenig mit den Leuten, die da noch dicke Koffer mitführen.

Die Einzigen, die sich ziemlich rücksichtslos verhalten, sind übrigens einige der Fahhrad-Mitnahme-Reisenden. Jeder, wirklich jeder, packt seine Taschen und Habseligkeiten so, dass auch andere Passagiere eine Chance haben. Nur die Drahtesel, die werden so lange als Rammbock eingesetzt, bis sie und der Besitzer genug Raum haben. Erste Szenen von Gewaltbereitschaft bahnen sich an, nicht schön.

Mit jedem Halt bekommt der Zug rund 3 – 4 Minuten Verspätung, es dauert einfach sehr lange, bis alle Menschen zugestiegen sind.

Ab hier kann ich auch nur noch die geplanten Abfahrtszeiten nennen, ich habe keine Chance mehr, die Zeiten zu notieren. Nicht so sehr wegen der Eile, aber ich habe die Hände voll mit meinen Sachen, weil einfach kein Platz mehr verfügbar ist, um irgendetwas sicher abzulegen.

9-euro-info-koblenzKoblenz

Um 14:16 soll es nach Plan im RE 5 nun endlich Richtung Duisburg weitergehen.

Endlich deshalb, weil das für mich heimische Gefilde sind und uns ein Weiterkommen ohne fremde Informationen möglich ist. Ich nenne es mal „Heimvorteil“.

Wir haben das Glück im Unglück, dass sich alle Verspätungen irgendwie so aneinanderreihen, dass der Anschlusszug noch ganz knapp erreichbar ist, allerdings lässt der Blick über den Bahnsteig in Koblenz nichts Gutes erahnen.

Der Zug steht bereits abfahrfertig am Gleis. Die Türen zum Einstieg öffnen sich und man prallt auf eine Wand aus Menschen. Einen anderen Wagen versuchen? Nein, keine Zeit mehr …

Es ist ein Doppelstockzug, auf den Treppen sitzen Fahrgäste, in den Gängen – überall… Nach oben zu gelangen? Unmöglich! Wer jetzt zum WC muss, der ist arm dran.

Ziemlich übel ist auch eine gewisse Fahrradsituation, die ich aber nach gründlicher Überlegung in einem separaten Artikel beschreiben möchte, die Situation würde den Umfang hier schlicht sprengen.

Stehen und sprungbereit sein!

Die Gattin und ich sortieren uns quasi knapp neben der Tür direkt am Aufgang zur oberen Ebene ein. Nicht, weil wir da unbedingt stehen wollen! Nein, weiter sind wir nicht in den Zug gekommen und werden es auch nicht.

Rechts neben mir stehen zwei voll bepackte Trackingfahrräder, links hinter mir, mit einem Bein auf den Treppenstufen, meine Frau, irgendwo dazwischen steht unser Gepäck.

Wobei „steht“ eigentlich falsch ist. „Wird ständig hochgehoben, um einen schmalen Durchgang zu ermöglichen“, beschreibt es passender.

Im Laufe der Reisekilometer entsteht zwischen uns und einigen der Umstehenden so eine Art Solidar- und Zweckgemeinschaft. Zwei jüngere Männer, die auf der Treppe nach oben so halbwegs sitzen, schauen ab und an nach unserem Gepäck, ich halte einen von ihnen dafür von unten fest, damit er beim Ein-Aussteigen der Passagiere nicht buchstäblich über das Treppengeländer geschoben wird. Wenn man das nicht live erlebt hat, kann man sich das kaum vorstellen.

An jedem weiteren Bahnhof dauert es eine Weile, bis neu Zusteigende (vielleicht) begreifen, dass wir nicht die sind, die sie nicht durchlassen wollen, sondern das es einfach nicht geht.

On top ist ja hinter uns noch die Toilette, was den Verkehr um uns herum auch während der Fahrt einigermaßen am Leben erhält. So richtig spaßig wird es aber erst, wenn im W. C. der Brandmelder anschlägt und sich auch noch einer der Zugbegleiter in Eile und bei vermeintlicher Gefahr in Verzug regelrecht durchkämpfen muss. War natürlich falscher Alarm. Sein finales Fazit „Raucher!“

9-euro-re-5-vollMan kann es nicht wirklich nur mit Worten beschreiben

Hier links ein Foto, irgendwo um Köln herum.

An der letzten Station ist tatsächlich mal kaum neuer Zulauf entstanden und nur eine Frau mit einem weiteren Kinderwagen ausgestiegen, es sind ein paar freie Quadratzentimeter entstanden.

Aus Rücksicht auf die Privatsphäre der Leute habe ich das Foto beschnitten, im Panorama und zum Wagenende hin, sieht’s wirklich noch „beeindruckender“ aus.

Seit Koblenz kann man sich den ganzen Bereich, in den ich hineinsehen kann, so voll vorstellen wie auf dem Foto im oberen Bereich, nur eben ohne die temporär freie Stelle an der Tür.

Wie gesagt, eigentlich schmeichelt das Bild der Situation, aber vorher konnte ich einfach das Smartphone weit genug hochheben, um ein Bild zu schießen. Ich hätte zum Teil meinen Nebenmann oder meine Nebenfrau wegschieben müssen.

9-euro-re5-leererErleichterung zwischen Köln und Düsseldorf

Köln, ich bin nicht mehr sicher, um welche Uhrzeit und welche Station es sich handelt.

Die Fahrräder hinter mir samt deren beider Fahrer verschwinden endlich.

Außer der Tatsache, dass uns das dumme Gelaber der beiden Besitzer nun endlich erspart wird und sie mit einigen Beleidigungen an die verbleibenden Fahrgäste knapp einer Tracht Prügel entkommen sind, werden auch die 4 Klappsitze hinter den Fahrrädern frei.

Zeitgleich steigen die beiden oben erwähnten Männer aus, mit denen wir die kleine Zweckgemeinschaft zum Eigenschutz gegründet haben. Als Abschiedsgeschenk helfen sie uns noch, 2 der nun freien Sitze zu ergattern.

Nach etwas über 2 Stunden können meine Frau und ich endlich sitzen, ohne auszuweichen, uns festzuhalten oder geschubst zu werden. Erleichterung!

An Düsseldorf Flughafen legt die Füllung des Zuges nochmals gewaltig zu, da wir aber nun einen ordentlichen Platz haben, geht mir das,Entschuldigung, am Arsch vorbei.

Der Fehler

Wie eingangs erwähnt, bin ich ja ursprünglich Duisburger.

Natürlich steht also auch Duisburg ganz oben auf der Liste der Orte, wo ich etwas besuchen oder sehen will. Unser Plan ist eigentlich, direkt bis Voerde durchzufahren, um das Gepäck loszuwerden, eine Dusche zu benutzen und überhaupt dann erst zu planen, wo wir nun wann, wie und was machen.

Der RE 5 würde durchfahren bis Voerde, wo ja auch unser Ziel liegt. Er hält aber ca. 30 Minuten vorher in Duisburg am Hauptbahnhof, da wir seit gestern Abend allerdings nichts mehr gegessen haben und ja nun auch ortskundig sind, beschließen wir, in Duisburg die Fahrt zu unterbrechen und nach einer Kaffeepause, bzw. etwas Nahrung, die letzten Kilometer später abzuspulen.

9-euro-du-hb-mfSo machen wir das auch, was sich 2 Stunden später als nicht so clever herausstellen wird, aber dazu mehr in Teil 2 dieses Berichtes.

Es ist um 17 Uhr herum, wir sind seit rund 7,5 Stunden unterwegs und das Wichtigste ist jetzt wirklich auch etwas Bewegung.

Mal genüsslich an der E-Zigarette ziehen, dem leiblichen Wohl zuwenden und Luft holen, weil endlich die Maske von der Nase herunter kann.

Manche Wünsche sind halt ziemlich einfach, oder? :mrgreen:


(Das ist ein mehrteiliger Artikel! Hier geht es zu Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4  und einem abschließenden Kommentar ;-) )

 

 

 

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